So finden sich im Tennengau sowohl hochalpine Regionen mit Bergen bis 2.500 m Höhe als auch flacherer Gebiete, die von Wasser geprägt sind. Es handelt sich also um eine Ganzjahresdestination, die ein breites Angebot für naturnahen Urlaub bietet. Eine der Ortschaften im Tennengau ist die Gemeinde Golling. Golling liegt verkehrsgünstig direkt an der Salzach und ist nicht nur ein guter Ausgangspunkt für die umliegenden Angebote, sondern bietet selbst zahlreiche Ausflugsziele. Insbesondere das Naturschutzgebiet Bluntautal, der Gollinger Wasserfall und die Erlebnisschlucht Salzachklamm sind hier als naturbezogene Angebote zu nennen.
Die Vielfalt des Angebotes spiegelt sich sowohl in der Vielfalt als auch in der Vielzahl der Besucher*innen wider. Um auch künftig diese natürliche und damit auch gesunde Angebotsvielfalt bieten zu können, setzen sich die Gemeinde und der Tourismusverband Golling für eine nachhaltige Tourismusentwicklung ein. Diese trägt sowohl der ökonomischen Bedeutung des Tourismus als auch dem sozio-kulturellen Erbe der Region sowie dem Schutz und Erhalt der natürlichen Ressourcen Rechnung. Vor diesem Hintergrund ist Golling eine von fünf Pilotregionen innerhalb des Projektes, in denen die touristische Nutzung von Wald im Zusammenhang mit dem Thema Gesundheit untersucht und weiterentwickelt wird. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei der Gollinger Wasserfall sowie der umliegende Wald. Die natürlichen Ressourcen der naturbezogenen und gesundheitsfördernden Tourismusentwicklung sind also eine Mischung aus Grünräumen (Wald) und Blauflächen (Wasserfall) – in der Fachsprache als Green & Blue Space bezeichnet.

Im Rahmen des Projektes wurde als Teil der künftigen Angebotsentwicklung im Tennengau rings um den Gollinger Wasserfall eine klinische Studie durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie unterstützen einerseits die Entwicklung neuer Produkte rund um das Trendthema naturbasierter Gesundheitsangebote wie bspw. Waldbaden. Andererseits ergeben sich durch die zugrundeliegende medizinische Evidenz und die notwendige Einbindung von natur- und gesundheitsorientierten Dienstleistern weitere positive Effekte für die Region. Dies beginnt bei der Schaffung bzw. Erweiterung von regional verankerten Wertschöpfungsketten, die neben touristischen Kernleistungen wie der Übernachtung auch weitere Akteure und Dienstleistungen wie Waldtherapie oder Ernährungsberatung beinhalten. Durch die professionell angeleitete Aktivität werden zudem eine verbesserte Besucherlenkung sowie eine aktive Bewusstseinsbildung für den Wert von Natur und Gesundheit ermöglicht. Schließlich ergibt sich so ein authentisches und nachhaltiges Qualitätsprodukt, das sowohl von Gästen als auch von Einheimischen genutzt werden kann.
Die Studie selbst untersucht die Gesundheitswirkung eines von einer Waldtherapeutin angeleiteten, ca. vierstündigen Programms mit Achtsamkeits- und Nature-Connection-Elementen am und rings um den Gollinger Wasserfall. Im Zentrum der Gesundheitswirkung steht dabei das Thema Stressabbau. Zur Messung der möglichen Gesundheitseffekte wurden bei den Proband*innen (n = 30) jeweils unmittelbar vor und unmittelbar nach der Intervention physiologische und psychologische Messungen durchgeführt. Im Folgenden findet sich eine Auswahl der Ergebnisse der klinischen Studie. Weitere Ergebnisse finden sich im Abschnitt über die Pilotregion Bad Birnbach, wobei die dort dargestellten Ergebnisse grundsätzlich auch für die Pilotregion Golling gelten. Es gibt also einen grundsätzlich positiven Effekt auf die Stressbelastung und das Wohlbefinden der Teilnehmer*innen. Dies zeigen auch die Ergebnisse der sog. Visuellen Analogskala, die als psychometrisches Messinstrument die Ausprägungen des individuellen Zustands der Proband*innen mittels einer visuellen Abfrage erfasst, wobei auch kurzfristige Veränderungen recht gut erhoben werden können. Die Skala reicht von 0 (sehr schlecht/sehr gering) bis 100 (sehr gut/sehr hoch). Im Zuge der Studie wurde die Visuelle Analogskala für die Bereiche Stress, Wohlbefinden und Atemqualität eingesetzt. Alle drei Parameter zeigen nach der Intervention eine signifikante Verbesserung im Vergleich zu vorher. Der momentane Stress fällt in Golling bspw. von einem Wert von über 40 vor der Intervention auf einen Wert von unter 20 nach der Intervention. Dass der vierstündige Aufenthalt in der Natur zumindest subjektiv auch einen physiologischen Nutzen hat, zeigt sich bei der selbst wahrgenommenen Atemqualität. Der Wert der momentanen Atemqualität erhöht sich in Golling von etwa 68 vor der Intervention auf knapp 82 nach der Intervention. Darüber hinaus zeigen die Studienergebnisse auch, dass sich durch die Intervention die Verbundenheit der Teilnehmer*innen mit der Natur erhöht. Dabei ist eine positive Beziehung zur Natur mit proökologischen Einstellungen und Wohlbefinden assoziiert und ein essenzieller Teil des menschlichen Wohlbefindens. Eine positive Beziehung zur Natur zeigt einen starken Einfluss auf die Gesundheit menschlicher Individuen und ist mit Faktoren wie Einkommen und Bildung vergleichbar. Naturverbundenheit ist ebenso mit Glück assoziiert, was wiederum mit gesteigerter Gesundheit verbunden ist. Gemessen wurde die Naturverbundenheit mit Hilfe des „Inclusion with Nature“-Ansatzes, der ebenso wie die Visuelle Analogskala mit einer grafischen Fragestellung arbeitet. Die Abbildung zeigt die Steigerung der Naturverbundenheit in Golling. Vor der Intervention lag der Wert bei ca. 4,9, nach der Intervention bei 6,3. Auch hier zeigen die Studienergebnisse letztlich wieder nachweisbar positive und statistisch signifikante Wirkungen im Bereich der psychologischen Parameter.
Das ca. vierstündige, von einer ausgebildeten Waldtherapeutin angeleitete Programm am Gollinger Wasserfall kann als Grundlage für ein gesundheitsförderndes Angebot herangezogen und umgesetzt werden. Die konkrete Ausarbeitung dieses Angebotes ist Teil der Weiterentwicklung der gesamten Destination Golling, bei der das Thema Gesundheit künftig eine noch größere Bedeutung erhält.



